

Am Freitag, den 06. Juni 2025, fand in Zielona Góra der erste deutsch-polnische Workshop im Rahmen des Projekts „BB-L Interconnection. Vision für einen gemeinsamen Verflechtungsraum“ statt. Der Einladung des Leadpartners, des Marschlallamtes der Wojewodschaft Lubuskie, folgten rund 50 Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, der Regionalplanung, der öffentlichen Verwaltung sowie der Wissenschaft auf beiden Seiten der Oder.
Das Projekt, das das Marschallamt der Wojewodschaft Lubuskie mit der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg umsetzt, dient der Stärkung der Verwaltungszusammenarbeit und der Verflechtung zwischen Ostbrandenburg und der Wojewodschaft Lubuskie im Bereich der Raum- und Regionalentwicklung. Der Brandenburg-Lebuser Verflechtungsraum steht vor gemeinsamen Herausforderungen für die zukünftige räumliche Entwicklung, die ein abgestimmtes, integriertes Handeln erfordern. In dem Projekt werden daher zunächst im Rahmen einer Territorialen Diagnose auf Grundlage grenzüberschreitender statistischer Auswertungen Chancen und Herausforderungen analysiert.
Der Workshop im Säulensaal des Marschallamts in Zielona Góra knüpfte an die derzeit im Projekt entstehende Territoriale Diagnose des Brandenburg-Lebuser Verflechtungsraumes an. Nach kurzen einführenden Präsentationen der Zwischenergebnisse der Diagnose durch das mit der Erstellung der Diagnose betraute Büro Zespół Doradców Gospodarczych TOR diskutierten die Teilnehmenden in gemischt deutsch-polnischen Gruppen die vorgestellten Inhalte. Dabei tauschten sie ihre Perspektiven zur demografischen, räumlichen und sozioökonomischen Entwicklung des Verflechtungsraums aus und arbeiteten Hindernisse und Perspektiven für die zukünftige Entwicklung heraus.
Einigkeit bestand darüber, dass der demografische Wandel – insbesondere die alternde Bevölkerung, die niedrige Geburtenrate und die Abwanderung aus peripheren Regionen – eine große Herausforderung auf beiden Seiten der Grenze darstellt. Gleichzeitig wurde betont, dass die größeren städtischen Zentren sowie deren Umland eine positive Entwicklung aufweisen. Konsens war, dass diese Wachstumsimpulse auch in die dazwischenliegenden Räume getragen werden sollten. Voraussetzung dafür ist eine bessere Anbindung an die Städte sowie der Ausbau der verkehrlichen Erreichbarkeit. Auch vergleichsweise niedrige Immobilienpreise wurden als Chance zur Förderung von Zuwanderung und damit zur Stabilisierung der demografischen Lage hervorgehoben. Positiv bewertet wurden die bestehenden Bildungs- und Ausbildungsangebote in der Region, wenngleich eine engere Verknüpfung mit dem Arbeitsmarkt sowie grenzüberschreitende Informations- und Beratungsstrukturen erforderlich seien, um Abwanderung wirksamer entgegenzuwirken.
Als zentrale Hindernisse wurden die geringe Zahl an Grenzübergängen, bestehende Grenzkontrollen und infrastrukturelle Defizite – insbesondere im Bahnverkehr – identifiziert. Der Ausbau und die Elektrifizierung von Bahnstrecken, einheitliche Tarifsysteme sowie abgestimmte Fahrpläne wurden als vorrangige Handlungsfelder benannt. Auch wenn in der grenzüberschreitenden Koordinierung durch vergangene und aktuelle Projekte bereits Fortschritte erzielt wurden, besteht weiterhin Bedarf an einer besser abgestimmten Infrastrukturentwicklung. Besondere Potenziale werden in direkten Zugverbindungen zwischen Ostbrandenburg und Lubuskie sowie im Ausbau touristischer Fahrradwege gesehen. Auch der Bereich der erneuerbaren Energien birgt vielversprechende Möglichkeiten für die Region – vorausgesetzt, es wird gezielt in Speichertechnologien und leistungsfähige Übertragungsnetze investiert.
Die wirtschaftliche Entwicklung des Verflechtungsraums wird weiterhin durch Sprachbarrieren sowie rechtliche und administrative Hürden beeinträchtigt. Die Grenzschließungen wirken sich zusätzlich negativ aus. Im Workshop wurde die Notwendigkeit von Sprachkursen sowie von mehrsprachigen Informationsangeboten für Arbeitnehmer und Unternehmen betont, um grenzüberschreitende Wirtschaftspotenziale besser auszuschöpfen. Auch im Bereich des nachhaltigen Tourismus wurden Entwicklungsmöglichkeiten gesehen.
Die demografische Entwicklung verschärft die Herausforderungen in der Daseinsvorsorge, insbesondere im ländlichen Raum. Steigende Anforderungen an das Gesundheits- und Pflegesystem erfordern innovative Lösungsansätze. Die gemeinsame Nutzung sozialer Infrastrukturen auf beiden Seiten der Grenze wurde als ein möglicher Ansatz diskutiert. Zudem kann ein besserer Zugang zu Kulturangeboten jenseits der Grenze die Lebensqualität im Verflechtungsraum erhöhen.
Der Workshop hat deutlich gemacht, dass trotz der bestehenden Herausforderungen ein großes Entwicklungspotenzial im Ostbrandenburg-Lebuser Verflechtungsraum vorhanden ist. Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und des Austauschs regionaler Akteure. Die Ergebnisse der engagierten Diskussionen fließen nun in die weitere Projektarbeit ein und bilden eine wichtige Grundlage für die Entwicklung einer gemeinsamen grenzüberschreitenden Zukunftsvision für den Brandenburg-Lebuser Verflechtungsraum.
Die im Workshop behandelte territoriale Diagnose ist das erste von vier strategischen Dokumenten, die im Rahmen des Projekts BB-L Interconnection erarbeitet werden. Darüber hinaus werden die Themen polyzentrische Siedlungsstruktur und Energieversorgung in zwei vertiefenden Expertisen analysiert. Die Erkenntnisse aus der territorialen Diagnose, die Ergebnisse dieser beiden Expertisen sowie die Rückmeldungen aus einer breiten Beteiligung fließen anschließend in die Entwicklung einer gemeinsamen Zukunftsvision für den Brandenburg-Lebuser Verflechtungsraum ein.
Das Projekt wird durch die Europäische Union aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Kooperationsprogramms INTERREG VI A Brandenburg-Polen 2021-2027 gefördert. Es hat ein Gesamtbudget von 1,02 Mio. EUR.
Fachlich zuständig für die Betreuung und Umsetzung des Projektes sind bei der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg Mitarbeitende des Referates Europäische Raumentwicklung.